Tibetische Teekultur: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Tibetische Teekultur''' ist später entstanden als die Chinesische Teekultur und wurde zunächst stark von dieser beeinflusst; der erste Tee kam den Überlieferungen zufolge während der chinesischen Tang-Dynastie nach Tibet. Tee ist heute das mit Abstand gebräuchlichste Alltagsgetränk der Tibeter und wird entweder als salziger [[Buttertee]] oder als gesüsster Milchtee getrunken.
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Die '''Tibetische Teekultur''' ist später entstanden als die Chinesische Teekultur und wurde zunächst stark von dieser beeinflusst. Gemäss Überlieferungen kam der erste Tee während der Tang Dynastie nach Tibet. Heute ist Tee das mit Abstand gebräuchlichste Alltagsgetränk der Tibeter und wird entweder als salziger [[Buttertee]] oder als süsser Milchtee getrunken.
  
 
==Geschichte==
 
==Geschichte==
In den Geschichten des Volkes wird die Einführung des Tees der chinesischen Prinzessin Wen Cheng zugeschrieben, die im Jahr 641 als Ehefrau des Herrschers Songtsen Gampo an den tibetischen Hof kam. Doch auch unabhängig von dieser Prinzessin entwickelte sich ein lebhafter Handel mit dem Kaiserreich China, bei dem die Tibeter Pferde gegen chinesischen Tee tauschten. Die entsprechende Handelsroute wird als ''Tea-Horse Trade Route'' (Tee-Pferde-Handelsweg) bezeichnet. Stationen befanden sich in Lhasa, Sa'gya, Xigazê, Gyangzê, Maizhokunggar, Lharze und Ongren.
 
  
Die Gewohnheit des Teetrinkens breitete sich in Tibet wie in China allmählich von den höheren Schichten ausgehend im Volk aus. Dazu trug auch der Buddhismus bei, denn die Mönche tranken während ihrer Meditationen Tee, um wach zu bleiben und sorgten für eine weitere Popularisierung des Getränks. Der tibetische Buddhismus entwickelte sich eigenständig weiter und brachte auch eine eigene Teekultur hervor. Tee gilt als Geschenk Buddhas und dementsprechend wertvoll. In den Tempeln der tibetischen Lamas galt er als heiliges Getränk. In dem Buch ''Reise durch das Tatarenreich. Tibet und China'', das um 1800 erschienen ist, wird eine Teezeremonie in einem solchen Tempel beschrieben: „Die auf dem Altar stehenden Teekannen und -schalen mit goldenen Untertassen sind alle aus grüner Jade hergestellt und sehen sehr elegant aus. Der Grosslama-Tempel Kawenbamu tut sich besonders hervor. (...) Bei den grossen Teeveranstaltungen wird an alle Lamas von einem Stifter Tee ausgegeben. (...) Das Tee-Einschenken wird feierlich zelebriert. Die Lamas (...) sitzen in mehreren Reihen (...) und der Stifter kniet auf dem Boden und singt Hymnen. Ist der Stifter reich, wird der Tee mit Zutaten wie Butter gemischt.“<ref>[http://de.chinabroadcast.cn/other/teekultur/92.htm Tibetische Teekultur]</ref>
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Die Einführung des Tees im tibetischen Volk wird oft der chinesischen Prinzessin Wen Cheng zugeschrieben, die im Jahr 641 als Ehefrau von Herrscher Songtsen Gampo in den tibetischen Hof kam. Doch unabhängig von dieser Prinzessin entstand ein reger Handel mit dem Kaiserreich China, bei dem Tibeter Pferde gegen chinesischen Tee tauschten. Diese Handelsroute wurde als "Tea-Horse Trade Route" (Tee-Pferde-Handelsweg) bekannt und erstreckte sich über Stationen wie Lhasa, Sa'gya, Xigazê, Gyangzê, Maizhokunggar, Lharze und Ongren.
  
Für die Tibeter ist Tee auch im Alltag ein Symbol für Freundschaft, Verehrung, Reinheit und Glück.
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Die Teegewohnheit verbreitete sich in Tibet ähnlich wie in China allmählich vom Adel auf die Bevölkerung. Der Buddhismus trug dazu bei, da Mönche während ihrer Meditation Tee tranken, um wach zu bleiben, und somit zur weiteren Popularisierung des Getränks beitrugen. Der tibetische Buddhismus entwickelte eine eigene Teekultur, wobei Tee als Geschenk des Buddhas und dementsprechend kostbar angesehen wurde. In den Tempeln der tibetischen Lamas galt er als heiliges Getränk.
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Für die Tibeter symbolisiert Tee im täglichen Leben Freundschaft, Verehrung, Reinheit und Glück.
  
 
==Teezubereitung==
 
==Teezubereitung==
Das wichtigste Getränk in Tibet ist der Buttertee, der mehrmals täglich getrunken wird. Dieser Tee wird mit Salz und Yakbutter zubereitet und entspricht daher für den westlichen Geschmack eher einer dünnen Brühe. Er spielt für die Ernährung in dieser extremen Klimazone eine grosse Rolle, denn er ist nährend und wärmend. Ausserdem regt er die Verdauung an, was wichtig ist, da sich die Tibeter vorwiegend von Fleisch ernähren, das vor allem die Yaks liefern.
 
  
In der Regel werden für die tägliche Teezubereitung keine losen Blätter verwendet, sondern gepresste Teeziegel, wie sie früher auch in China üblich waren. Sie kommen aus Sichuan und Yunnan. Ein Teil dieses Ziegels wird zu Pulver zerstampft, in einen mit Wasser gefüllten Kessel gegeben und über dem Feuer längere Zeit geköchelt. So entsteht gewissermassen die Teebasis. Dieses Konzentrat wird dann in ein grosses längliches Holzgefäss gegeben und dort mit Butter und Salz verrührt. Diese Mischung wird erneut im Kessel erhitzt, bevor der Buttertee dann serviert wird. Die Teeschalen sind je nach Wohlstand aus Jade, Keramik, Silber oder aus Holz.
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In Tibet spielt der Buttertee eine zentrale Rolle und wird mehrmals täglich konsumiert. Dieser einzigartige Tee, zubereitet mit Salz und Yakbutter, ähnelt aufgrund seines kräftigen Geschmacks eher einer dünnen Brühe, was für westliche Geschmäcker ungewohnt sein kann. Dennoch ist der Buttertee aufgrund seiner Nährstoffdichte und wärmenden Eigenschaften von entscheidender Bedeutung in dieser extremen Klimazone. Zudem fördert er die Verdauung, was besonders wichtig ist, da die traditionelle tibetische Ernährung hauptsächlich aus Fleisch besteht, vor allem von Yaks.
  
Ausserdem ist gesüsster Milchtee verbreitet, vor allem bei den Nomaden, die Viehzucht betreiben. Der Tee wird hierfür ebenfalls in einem Kessel aufgekocht, zusammen mit Zucker und Milch. Der Milchtee ist in Tibet erst seit rund 100 Jahren bekannt; diese Zubereitungsart wurde von moslemischen Geschäftsreisenden übernommen. In den 1920er Jahren öffneten die ersten Teehäuser in Lhasa, waren aber den Oberschichten vorbehalten und bis in die 1980er Jahre auch ausschliesslich den Männern.
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Die Teezubereitung erfolgt in der Regel nicht mit losen Blättern, sondern mit gepressten Teeziegeln, eine Tradition, die ihren Ursprung in China hat. Diese Ziegel stammen aus den Regionen Sichuan und Yunnan. Ein Teil des Ziegels wird zu Pulver zermahlen, in einen mit Wasser gefüllten Kessel gegeben und über dem Feuer langsam gekocht, um die Teebasis zu schaffen. Das Konzentrat wird anschließend in ein großes längliches Holzgefäß gefüllt und dort mit Butter und Salz vermengt. Die Mischung wird erneut im Kessel erhitzt, bevor der Buttertee serviert wird. Die Teeschalen variieren je nach Wohlstand und können aus Jade, Keramik, Silber oder Holz gefertigt sein.
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Neben dem Buttertee ist auch der gesüsste Milchtee in Tibet verbreitet, besonders bei den Nomaden, die Viehzucht betreiben. Dieser Tee wird ebenfalls in einem Kessel aufgekocht, zusammen mit Zucker und Milch. Die Tradition des Milchtees ist vergleichsweise neu in Tibet und wurde vor rund 100 Jahren von muslimischen Geschäftsreisenden eingeführt. Die ersten Teehäuser in Lhasa öffneten in den 1920er Jahren, waren jedoch zunächst den Oberschichten vorbehalten und bis in die 1980er Jahre ausschließlich für Männer zugänglich.
  
 
==Teesitten==
 
==Teesitten==
Traditionell wird Gästen als Geste der Freundschaft Tee serviert. Es ist üblich, diesen Tee in kleinen Schlucken zu trinken und dabei die Qualität und den Geschmack zu loben. Sobald ein Gast seine Schale etwa zur Hälfte geleert hat, giesst der Gastgeber frischen Tee nach. Erst zum Abschied wird die Schale vollständig leer getrunken.
 
  
Gelegentlich sieht man Tibeter, die vor dem Trinken eine Fingerspitze mit Tee benetzen und durch Schnipsen des Fingers die Flüssigkeit versprühen. Dieses "Opfer" ist an die "Hungrigen Geister" gerichtet, einer Stufe der Wiedergeburten in der tibetischen Glaubensvorstellung.
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In Tibet ist die Teezubereitung nicht nur ein Akt des Genusses, sondern auch ein ritueller Ausdruck von Gastfreundschaft und spiritueller Verbundenheit. Traditionell wird Gästen Tee als Zeichen der Freundschaft gereicht, und es ist Brauch, den Tee in kleinen Schlucken zu trinken, während gleichzeitig die Qualität und der Geschmack des Tees gelobt werden. Ein besonderes Element dieses Teerituals ist das Nachschenken frischen Tees durch den Gastgeber, sobald die Schale des Gastes etwa zur Hälfte geleert ist. Das vollständige Leertrinken der Teeschale erfolgt erst zum Abschied, was den abschließenden Akt der gemeinsamen Zeit markiert.
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Ein interessantes Detail zeigt sich gelegentlich, wenn Tibeter vor dem eigentlichen Trinken eine Fingerspitze mit Tee benetzen und durch Schnipsen des Fingers die Flüssigkeit versprühen. Dieses scheinbare "Opfer" ist tatsächlich an die "Hungrigen Geister" gerichtet, die in der tibetischen Glaubensvorstellung eine Rolle in den Stufen der Wiedergeburten spielen.
  
Die Mönche in den Klöstern haben eigene Teerituale. Jeden Morgen nach der Andacht versammeln sie sich, um gemeinsam Buttertee zu trinken und ein Gericht namens Tsampa (Brei aus Buttertee und gerösteter Gerste) zu essen. Mittags versammeln sie sich erneut zum Gebet und rezitieren heilige Schriften; dabei trinken sie Tee. Am Abend gibt es erneut eine Zusammenkunft der Mönche, um zu beten und Tee zu trinken.
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In den Klöstern, in denen der Buddhismus eine zentrale Rolle spielt, praktizieren die Mönche eigene Teerituale. Jeden Morgen, nach der Andacht, versammeln sie sich, um gemeinsam Buttertee zu trinken und Tsampa zu essen, einen Brei aus Buttertee und gerösteter Gerste. Mittags und abends gibt es erneute Zusammenkünfte der Mönche, begleitet von Gebeten, Rezitationen heiliger Schriften und natürlich Teezeremonien. Diese rituellen Teetrinkgewohnheiten spiegeln nicht nur die tägliche Routine der Mönche wider, sondern sind auch Ausdruck ihrer spirituellen Verbindung und Hingabe.
  
Kategorie:Teekultur
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== Siehe auch ==
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*[[Chai]]
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*[[Chinesische Teekultur]]
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[[Kategorie:Teekultur]]

Aktuelle Version vom 20. November 2023, 19:38 Uhr

Tibetischer Mönch beim Einschenken von Buttertee (Quelle: Wikipedia)

Die Tibetische Teekultur ist später entstanden als die Chinesische Teekultur und wurde zunächst stark von dieser beeinflusst. Gemäss Überlieferungen kam der erste Tee während der Tang Dynastie nach Tibet. Heute ist Tee das mit Abstand gebräuchlichste Alltagsgetränk der Tibeter und wird entweder als salziger Buttertee oder als süsser Milchtee getrunken.

Geschichte

Die Einführung des Tees im tibetischen Volk wird oft der chinesischen Prinzessin Wen Cheng zugeschrieben, die im Jahr 641 als Ehefrau von Herrscher Songtsen Gampo in den tibetischen Hof kam. Doch unabhängig von dieser Prinzessin entstand ein reger Handel mit dem Kaiserreich China, bei dem Tibeter Pferde gegen chinesischen Tee tauschten. Diese Handelsroute wurde als "Tea-Horse Trade Route" (Tee-Pferde-Handelsweg) bekannt und erstreckte sich über Stationen wie Lhasa, Sa'gya, Xigazê, Gyangzê, Maizhokunggar, Lharze und Ongren.

Die Teegewohnheit verbreitete sich in Tibet ähnlich wie in China allmählich vom Adel auf die Bevölkerung. Der Buddhismus trug dazu bei, da Mönche während ihrer Meditation Tee tranken, um wach zu bleiben, und somit zur weiteren Popularisierung des Getränks beitrugen. Der tibetische Buddhismus entwickelte eine eigene Teekultur, wobei Tee als Geschenk des Buddhas und dementsprechend kostbar angesehen wurde. In den Tempeln der tibetischen Lamas galt er als heiliges Getränk.

Für die Tibeter symbolisiert Tee im täglichen Leben Freundschaft, Verehrung, Reinheit und Glück.

Teezubereitung

In Tibet spielt der Buttertee eine zentrale Rolle und wird mehrmals täglich konsumiert. Dieser einzigartige Tee, zubereitet mit Salz und Yakbutter, ähnelt aufgrund seines kräftigen Geschmacks eher einer dünnen Brühe, was für westliche Geschmäcker ungewohnt sein kann. Dennoch ist der Buttertee aufgrund seiner Nährstoffdichte und wärmenden Eigenschaften von entscheidender Bedeutung in dieser extremen Klimazone. Zudem fördert er die Verdauung, was besonders wichtig ist, da die traditionelle tibetische Ernährung hauptsächlich aus Fleisch besteht, vor allem von Yaks.

Die Teezubereitung erfolgt in der Regel nicht mit losen Blättern, sondern mit gepressten Teeziegeln, eine Tradition, die ihren Ursprung in China hat. Diese Ziegel stammen aus den Regionen Sichuan und Yunnan. Ein Teil des Ziegels wird zu Pulver zermahlen, in einen mit Wasser gefüllten Kessel gegeben und über dem Feuer langsam gekocht, um die Teebasis zu schaffen. Das Konzentrat wird anschließend in ein großes längliches Holzgefäß gefüllt und dort mit Butter und Salz vermengt. Die Mischung wird erneut im Kessel erhitzt, bevor der Buttertee serviert wird. Die Teeschalen variieren je nach Wohlstand und können aus Jade, Keramik, Silber oder Holz gefertigt sein.

Neben dem Buttertee ist auch der gesüsste Milchtee in Tibet verbreitet, besonders bei den Nomaden, die Viehzucht betreiben. Dieser Tee wird ebenfalls in einem Kessel aufgekocht, zusammen mit Zucker und Milch. Die Tradition des Milchtees ist vergleichsweise neu in Tibet und wurde vor rund 100 Jahren von muslimischen Geschäftsreisenden eingeführt. Die ersten Teehäuser in Lhasa öffneten in den 1920er Jahren, waren jedoch zunächst den Oberschichten vorbehalten und bis in die 1980er Jahre ausschließlich für Männer zugänglich.

Teesitten

In Tibet ist die Teezubereitung nicht nur ein Akt des Genusses, sondern auch ein ritueller Ausdruck von Gastfreundschaft und spiritueller Verbundenheit. Traditionell wird Gästen Tee als Zeichen der Freundschaft gereicht, und es ist Brauch, den Tee in kleinen Schlucken zu trinken, während gleichzeitig die Qualität und der Geschmack des Tees gelobt werden. Ein besonderes Element dieses Teerituals ist das Nachschenken frischen Tees durch den Gastgeber, sobald die Schale des Gastes etwa zur Hälfte geleert ist. Das vollständige Leertrinken der Teeschale erfolgt erst zum Abschied, was den abschließenden Akt der gemeinsamen Zeit markiert.

Ein interessantes Detail zeigt sich gelegentlich, wenn Tibeter vor dem eigentlichen Trinken eine Fingerspitze mit Tee benetzen und durch Schnipsen des Fingers die Flüssigkeit versprühen. Dieses scheinbare "Opfer" ist tatsächlich an die "Hungrigen Geister" gerichtet, die in der tibetischen Glaubensvorstellung eine Rolle in den Stufen der Wiedergeburten spielen.

In den Klöstern, in denen der Buddhismus eine zentrale Rolle spielt, praktizieren die Mönche eigene Teerituale. Jeden Morgen, nach der Andacht, versammeln sie sich, um gemeinsam Buttertee zu trinken und Tsampa zu essen, einen Brei aus Buttertee und gerösteter Gerste. Mittags und abends gibt es erneute Zusammenkünfte der Mönche, begleitet von Gebeten, Rezitationen heiliger Schriften und natürlich Teezeremonien. Diese rituellen Teetrinkgewohnheiten spiegeln nicht nur die tägliche Routine der Mönche wider, sondern sind auch Ausdruck ihrer spirituellen Verbindung und Hingabe.

Siehe auch